(#1) Mündung ohne Maifisch

in Düsseldorf

Warum das Düssel-Ende ein Blog-Anfang ist / Warum Düssel und Rhein sich nur heimlich treffen können / Und warum Düsseldorf die Düssel neu entdecken muss.

Wir wollten es schon immer machen, und nun beginnen wir am Ende, und das Ende ist unsichtbar und ein Bisschen trostlos – nur durch einige wellenförmig in den Asphalt der Rheinpromenade eingelassene Backsteine angedeutet.

Blaue Backsteine!

„Schau mal, da vorne!“, sagt mein bester Freund P., der gerade aus Berlin zurück nach Düsseldorf gezogen ist, „da ist auch noch eine Inschrift.“

Wir lesen: „Mündung Südliche Düssel.“

Selbst, wenn man sich weit über das Rheinpromenadengeländer beugt: Kein Tropfen Düsselwasser zu sehen! Dabei ist es doch ein Fest, wenn Bäche in Flüsse münden und Flüsse in Ströme und Ströme ins Meer. Düssel und Rhein treffen sich heimlich, eine Vereinigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit …

9 Uhr morgens, ein Rennradfahrer flitzt vorbei Richtung Medienhafen. Rechts von der “Stein-Düssel”: Das auf den Boden “aufgesprühte” Radschläger-Feld. Jeden Sommer findet hier ein Turnier statt, bei dem Kinder verschiedener Alterklassen so schnell wie möglich um die Wette radschlagen.

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Ich stelle mir vor, wie mein Vater hier nach dem Krieg als kleiner Junge radgeschlagen hat, um sich ein paar  Pennys Taschengeld zu verdienenen. Mit meinen Großeltern hat er Ende der 1940er, Anfang der 1950er Jahre eine Zeit lang am Rheinufer gewohnt, sehr günstig (!) zur Miete, in einem Haus mit angerundeter Fassade, das ungefähr auf Höhe des Mannesmann- bzw. Vodafone-Hochhauses gestanden haben muss.

“Komm jetzt, wir haben nicht viel Zeit!” Mein bester Freund P. zeigt mit dem Finger die Richtung, in der das unterirdische Düssel-Bett verlaufen muss, schiebt mich zur Treppe, die auf die obere Promenade führt.  P. findet Düsseldorf richtig Scheiße, seit er wieder hier ist  (“So klein, so provinziell, so spießig!”) – und schwärmt ständig davon, was für eine tolle Zeit er in Berlin gehabt habe. Blablabla. Die übliche Leier. Doch gegen den Lokalpatrioten in sich hat er keine Chance, dafür hat P. in seiner Jugend zu viel popkulturelles Düsseldorf-Wissen inhaliert, mit dem er rumprotzen muss, als sei es die einzige Möglichkeit, den Alltag hier zu ertragen.  So auch heute: “Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!”, höre ich ihn sagen, fast geflüstert, beiläufig, als führe er ein Selbstgespräch. Und eben nicht ins Mikrofon geschrien, wie es der Sänger in dem Song macht, aus dem die Zeile stammt.

Ich ziehe die Augenbrauen hoch, P. grinst. Ein ziemlich eitler Typ, der da vor mir steht. Einer, der abgesehen davon den gleichen Humor hat wie ich. Einer, der sich freut, dass er den Beginn unserer “Reise” auf Teufel komm raus mit den Fehlfarben eingeleitet hat. Könnte schlimmer sein …

Mein Blick fällt auf ein Schaubild, das erklärt, wie der ausgestorbene Maifisch wieder im Rhein angesiedelt wurde. Schönes Projekt, aber die Düssel hochschwimmen kann er an dieser Stelle sicher nicht. Weiter … Für unseren ersten Düssel-Spaziergang haben wir eine Stunde eingeplant, und noch bleiben uns etwa 40 Minuten …

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Zu Fuß also: Von hier aus in mehreren Etappen bis zur Düssel-Quelle im Bergischen Land. Unsere Stadt neu entdecken, entlang des Flusses Flüsschens, der das ihr den Namen gab. Durch Unterbilk und Bilk. Durch Volksgarten und Südpark. Durch Wersten, Eller, Vennhausen und Gerresheim. Dann, jenseits der Stadtgrenze, durch Erkrath, Mettman und durchs Neandertal bis Wülfrath.

Das sind immerhin 45 Kilometer. Könnte man in zwei Tagen schaffen. Wenn man zwei Tage Zeit hätte. Haben wir aber nicht. Wir haben: Arbeit, Frau, Kind, Hund (ich), Wellensittich (P.). Sind ja keine Studenten mehr. Werden es trotzdem durchziehen. Etappenweise. Morgens, mittags, abends. Irgendwann zwischendurch, wenn sich Lücken im Alltag auftun – und wenn es nur eine halbe Stunde ist. Kilometer für Kilometer.

Route: Immer so nah wie möglich am Ufer, spontane Ausflüge nicht ausgeschlossen. Nein, wir wandern nicht (das klingt so nach Thermohosen und Jack Wolfskin)! Nennt es flanieren, schlendern, spazieren – egal!

So, und jetzt los! Folgt uns!

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