Ein Plädoyer gegen das mit Abstand grauenhafteste Wort, das die deutsche Sprache zu bieten hat – und wodurch man es ersetzen sollte.
Wörter, die in unsere Sprache einwandern, gab es schon immer, und sehr oft sind sie eine Bereicherung. In diesem Sinne gibt es Anglizismen, die ich okay, ja sogar cool finde (sic!). Seit gefühlt zwei bis drei Jahren begegnen mir allerdings immer häufiger anglophone Wendungen, die ich nur schwer ertragen kann.
Etwa: „Das war total weird gestern.“
Oder: „Dieser Typ da vorne ist echt awkward.“
Keine Ahnung, wie Menschen darauf kommen, so zu sprechen. Vielleicht haben sie bei Netflix und Amazon Prime zu viele US-Serien in Originalversion geschaut.
Meine weiteren Negativ-Favoriten:
– „creepy“, weil es total gruselig klingt.
– „spooky“, weil „gespenstisch“ viel schöner ist.
– „lame“, weil ich es schwach bzw. lahm finde, einen englischen Begriff zu nutzen, für den es im Deutschen einen ähnlich klingenden mit gleicher Bedeutung gibt (wobei vermutlich eben das der Grund für den Aufstieg von „spooky“ und „lame“ ist).
„Weird“, „awkward“, „spooky“, „lame“ und Konsorten – das sind die „Jeremy-Pascals“ unter den Anglizismen, und sie stoßen mir übel auf, weil sie in der Nachbarschaft von deutschen Verben, Substantiven und Adverbien aufgesetzt, unästhetisch und nicht authentisch klingen. Besonders, wenn die Sprecher älter als 30 sind …
Noch mal: Ich habe nichts gegen Wörter mit Migrationshintergrund. Mir liegt es völlig fern, die deutsche Sprache vor „fremden“ Einflüssen zu bewahren Und ich gucke auch sehr gerne amerikanische Serien in Originalversion! In bestimmten Fällen finde ich es erträglich, ja sogar gut, wenn englischstämmige Begriffe in den deutschsprachigen Mainstream (sic!) einfließen – dann nämlich, wenn sie treffender und moderner bzw. praktischer und kürzer sind. Beste Beispiele: „Sale“ und „to go“ – die leichter aufzuschreibenden Cousins von „Ausverkauf“ und „zum Mitnehmen“. Kann man machen (muss man aber nicht) …
So, und jetzt komme ich zum eigentlichen Punkt: Bei der zutiefst grauenhaften deutschen Wortkreation „simsen“, die seit 2004 sogar im Duden steht, hätte es in der Tat Sinn gemacht, sich am englischen Originalbegriff zu orientieren. „Simsen“ – das klingt in meinen Ohren nach Stuhlgang und Krankheit und nach verstopfter Toilette, und sobald jemand dieses Verb benutzt, baut mein Unterbewusstsein Sätze wie „Er hat sich in die Hose gesimst“ oder „Herr Doktor, ich habe schon seit Wochen starke Probleme beim Simsen.“
Kurzum: „Simsen“ – das ist eine ästhetische Beleidigung. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, sich auch hier an der englischsprachigen Welt zu orientieren. In dieser ist es nämlich üblich, für das gegenseitige Zusenden von SMS-Nachrichten das Verb „to text“ zu benutzen („I will text you.“). Zum Glück hört man es auch im Deutschen inzwischen häufiger, dass sich Leute etwas „texten“. Und da die SMS in Zeiten von Whatsapp in absehbarer Zeit aussterben wird, hat es mit dem „Simsen“ ohnehin bald ein Ende.
„Texten“ hingegen hat Zukunft: Es passt immer, egal ob man sich per Whatsapp oder Telegram oder per E-Mail eine Nachricht schickt. Ein Universalbegriff für die digitale Weitergabe von Schrift. Du könntest ihn sogar verwenden, wenn du analog-„altmodisch“ einen Satz mit einem Stift auf ein Blatt Papier schreibst.
– „Müssen wir noch was einkaufen, Schatz?“
– „Die Liste habe ich dir getextet, der Zettel liegt auf dem Küchentisch
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