(#46) Gruiten-Dorf-Schönheiten

in Erkrath/Neandertal/Natur

Wie wir uns um 180 Grad wenden / Wie flussabwärts von Gruiten-Dorf der Alltag die Natur küsst / Und wie diese Etappe unsere schweigsamste und womöglich schönste aller Zeiten wird.

Kein Durchkommen – und das ist auch gut so. Schon ein Blick auf Google Maps hat es uns verraten: In der Nähe des Endpunktes der vorhergehenden (und somit Startpunkts der heutigen) Etappe, Stipps Teich, gibt es keine legalen Parkplätze. Also lieber das Naturschutzgebiet in Ruhe lassen, den Spieß umdrehen und da beginnen, wo wir höchstwahrscheinlich enden würden. Wer diesem Blog schon länger folgt, weiß Bescheid: Wir spazieren heute ausnahmsweise mit dem „Strom“ der Düssel am Ufer entlang – und nicht gegen ihn. Wer nicht sofort versteht, muss das hier lesen.

Gruiten-Dorf also. Viel Gutes gehört vorher, dennoch haben wir keine Erwartungen. Weil aus unserer Perspektive das vermeintlich Hässliche oft viel schöner und spannender ist als das vermeintlich „objektiv“ Schöne.

An diesem Tag unter der Woche finden wir schnell einen Parkplatz in der Nähe der Kirche. An der Pastor-Vömel-Straße stoßen wir auf die Kleine Düssel, ein Rheinbahn-Bus flitzt vorbei, und dann stehen wir auch schon vor ihr: Die „große“, die „normale“ Düssel, die sich ihre kleine Schwester mitten im Ort einverleibt. Das in altmodischen Buchstaben geschriebene „Düssel“-Schild kennen wir schon von Fotos: Ist ein Instagram-Star, quasi.

Wir nehmen die Düssel-Verfolgung auf, vorbei an Fachwerkhäusern, dem Schild Richtung „Eiszeitliches Wildgehege“ folgend.

„Es wäre ganz schön vermessen“, sagt mein bester Freund P., „zu sagen, dass dieses Dorf NICHT wunderschön ist.“

„Seit wann stehst du auf Dorfschönheiten?“, frage ich, als wir das „Haus am Quall“ passieren. Ein riesiges Schaubild erklärt einen „Historischen Dorfrundgang Gruiten“.

„Den Rundgang machen wir mit 60“, sagt P. „noch sind wir nicht Dorf-, sondern Düssel-Flaneure.“

Ein Fußweg durchs Dorf, am Flüsschen entlang. Fachwerk hier, Fachwerk da. Und dort eine Wassertretanlage, „bewacht“ von einer weiteren Kirche. Wir nehmen die Einladung der dort befindlichen Bänke nicht an. Weiter …

Hier wohnen Menschen mit Düssel-Garten-Privilegien. Am Gitter nahe der Fußgängerbrücke haben sich einige Paare mit Vorhängeschloss verewigt.  „Sandra & Stephan, 1.8.2018“. „Lukas & Elli, 27. Juli 2014“.

„Gut, dass wir uns nicht mit den ganzen Wanderwegnummern und Wanderwegnamen beschäftigen müssen“, sagt mein bester Freund P. „Einfach dem Fluss nach, das Leben kann so einfach sein.“ In diesem Fall führt am (flussabwärts gesehen) rechten Ufer der Düssel eine Art Wander- und Spazierweg entlang.

Die Sinterstraße überquert. Baumschatten, eine Bank, Glascontainer, grüngeländrige Brücke. Und dann weiter an der gleichen Uferseite, am Dorfrand. Ein Schild kündigt an: Landschaftsschutzgebiet.

Vorbei an: Einer Streuobstwiese mit Streuobstwiese-Erklärschild. Und an einem Insektenhotel. Der Himmel so blau, die Vorfrühlingsbäume so kahl. Das alles efeugrün kontrastiert.

Dann ein weiteres Schild: Naturschutzgebiet Neandertal. Und eine weitere Brücke. Wir wechseln ans andere Ufer. Auf der Brücke macht P. das inzwischen „obligatorische“ Etappen-Foto mit seinem Hund Manolo.

Out of Gruiten-Dorf“, sagt mein bester Freund P.

„Spielt Rosenheim noch in der Eishockey-Bundesliga?“, frage ich.

„Das heißt Deutsche Eishockey Liga“, sagt mein Begleiter,´.

„Ach, egal“, sage ich. „Hauptsache, Fortuna hält die Klasse.“

Marianne Sägebrecht!“, sagt P.

„Friedhelm Funkel!“, sage ich.

„Die Natur ist kein Abfallkübel“, sagt P. und zeigt dabei auf ein auf dem Boden liegendes Schild, das wie Abfall auf dem Boden liegt und auf dem „Die Natur ist kein Abfallkübel steht“.

„Im Blog würde ich von nun an bis zu Stipps Teich am liebsten nur Fotos zeigen, ohne Text, ohne Erklärung“, sage ich. „Meinst du das funktioniert?“

Mein heute ohnehin nicht redseliger Freund nickt – einen verloren gegangenen Einkaufszettel fotografierend, der auf dem feuchten Boden klebt. Alltag küsst Natur: Eier, Kuchen, Kartoffeln, Pudding, Drillinge, kleine Tomaten. Erbsen, Milch, Äpfel.

Und dann spazieren und schweigen und genießen wir. Mal fließt die Düssel direkt neben uns, mal verläuft sie hinter einer Wiese am Neandertalhang. In jedem Fall ist sie so schön und so klar, dass man am liebsten seine Füße in sie tauchen würde an diesem so sonnigen wie kaltem Spätwintertag.

 

An Stipps Teich angekommen: Ein Neandertalwaldspiegelfoto – und gemächlich zurück zum Auto. Schlendern, trödeln, durchatmen …

2 Comments

  1. Und Gruiten-Dorf ist doch schön, geruhsam, verträumt.
    Schöne Bilder und mir wird klar, daß es wieder Zeit für die Düssel wird.
    Nach den Tagen

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