(#44) Kein Reitweg und kein Wanderblog

in Erkrath/Neandertal/Natur

Wie wir versuchen die „Kürze“ zu entdecken / Wie eine Kurz-Etappe trotzdem eine Stunde dauert / Und wo in der Neandertal-Einsamkeit man gleichzeitig alte Bücher und frischen Senf kaufen kann.

Manchmal macht es Sinn, Dinge abzukürzen – auch textlich.  In diesem Fall fängt das so an: Schild, Tunnel, Parkplatz.  Ein Blick auf die Fotos, und Ihr wisst Bescheid …

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Parkplatzankündigung

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… aber erst mal durch den Tunnel …
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Die Kürze – das soll das bestimmende Motto dieser Blog-Folge und dieser Düssel-Etappe sein. Weniger blabla, mehr auf den Punkt. Gar nicht so einfach in einem zuweilen detailverliebten und thematisch ausschweifenden Blog wie diesem. Aber einen Versuch ist es wert. Beschleunigt entschleunigen, sozusagen …

„Da müssen wir runter“, sagt mein bester Freund und Co-Flaneur P., als wir am Parkplatz am Winkelsmühler Weg aus dem Auto steigen. Kurz darauf passieren wir ein „Anlieger frei“-Schild sowie eines mit „Achtung Kröten“-Symbol. Wenn P. die Karte auf Google Maps richtig studiert hat, müssten wir auf dem ins Tal führenden Weg vor uns genau zu der Düssel-Stelle gelangen, wo wir beim letzten Mal geendet haben.

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Schon nach 20 Metern, als vom asphaltiertem Weg ein nicht-asphaltierter rechts abbiegt, kann P. sein im Hirn gespeichertes Google Maps-Wissen nicht mehr für sich behalten: „Da müssten wir eigentlich auf dem Rückweg zum Auto wieder rauskommen, wenn alles so läuft wie geplant.“ P. hat nämlich eine Art Rundweg geplant …

Wir betrachten die üblichen Entfernungsschilder, garniert von einem „Kein Reitweg“-Hinweis.

P. nimmt die Vorlage auf: „Gut, dass wir heute ausnahmsweise die Pferde zu Hause gelassen haben.“

„Kein Wanderblog, kein Reitblog“, ergänze ich.

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Einen Vierbeiner hat P. trotzdem dabei. Es ist ein Hund, und der Hund heißt Manolo. Erst vor zwei Wochen ist er in P.s Familie eingezogen, nachdem der Wellensittich Pucky gestorben und Manolos altes Herrchen (P.´s Cousin) nach Australien ausgewandert ist. Manolo ist elf Jahre alt und fast blind, dafür aber noch recht flott unterwegs. Terrier eben. Mein bester Freund P. möchte nicht, dass sein neuer alter Hund auf Fotos zu sehen ist: „Der kann mir ja schlecht sagen, wenn er das gar nicht will.“

„Alter“, sage ich. „Würden uns hier deine Töchter begleiten, könnte ich das voll verstehen, aber das hier ist doch nur ein Hund.“

„Wie jetzt?“, sagt P. und wechselt in den Ironie-Modus. „Nur ein Hund? Willst du Manolo diskriminieren. Auch Hunde haben ein Recht auf Rechte am eigenen Bild.“

Hunde und Hündinnen muss das heißen!“, sage ich in gespielt aggressivem Tonfall. „Wenn schon, denn schon …“

„Monolo ist ein Rüde“, unterbricht mich P.

Ich korrigiere die kaum überraschende Info auf meine Art: „Rüde und Rüdinnen
muss das heißen!“

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Gerade mal 100 Meter gelaufen, und schon ahne ich, dass das schwer wird mit der „Kürze“. Noch mal ein Versuch: Den Weg runter, durch den Wald, an einem Feld vorbei, wieder durch den Wald. Auf einem Schild an einem Baum ist zu lesen: „Neanderlandsteig – Entdeckerschleife Kalkspuren“. Ich nehme mir vor: Es wird in dieser Blog-Folge keine Infos über die Geschichte des Kalkabbaus im Neandertal geben. Das hatten wir schon in vorherigen Folgen, und wer mehr wissen will, kann das ja im Netz ausführlich nachzulesen.

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Dann, unten im Tal, eine Weggabelung, dahinter die Düssel. Eigentlich müssten wir ihr von hier aus Richtung Gruiten-Dorf flussaufwärts folgen. Aber weil wir so pedantische Fluss-Chronisten sind, spazieren wir vorher noch einmal hundert Meter die linke Abzweigung entlang – bis wir genau an dem Endpunkt der letzten Etappe angekommen sind: Einer Brücke über die Düssel, mit Blick auf einen am Hang liegenden Bauernhof.

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Auf dem Weg flussaufwärts macht mein bester Freund P. immer wieder Fotos mit seinem iPhone. Beklagt sich dabei, dass man die Düssel im Sommer viel schlechter aufs Bild bekäme als zu den anderen Jahreszeiten. „Weil sie so zugewachsen ist, überall grün im Weg beim Blick aufs Wasser.“

Ein paar Mal schafft er es trotzdem. Und wenn man die Düssel sieht, dann lohnt es sich: Mit Farnen veredeltes Efeu-Ufer. Wie Mikado-Stäbchen ins Flussbett gefallene Baumstämme. Am Ufer: Ton, Steine, ja sogar Scherben. Und Moos! Überall Moos! Es ist so viel Moos los, dass es grüner nicht sein könnte. Musikalisch untermalt wird die Szenerie vom typischen Neandertal-Sound: PlätscherPlätscher trifft ZwitscherZwitscher, und zwischendurch schallt immer wieder mal ein einsam knackender „Beat“ aus dem Astwerk.

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Sonnenstrahlen tanzen auf dem Wasser, als hätten sie sich ganz oben verabdredet, gemeinsam den Weg durch die dichten Baumwipfel bis ganz unten, bis ins Neandertal anzutreten.

„Du schreibst jetzt aber nicht wieder so kitschige Naturbeschreibungen ins Blog“, sagt mein bester Freund P., als wir ein altes Gemäuer am Düssel-Ufer erreichen. Ich schüttele energisch den Kopf.

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Ein Schild verrät: Das Gemäuer ist ein Kalkofen. Der Name: Huppersbracken. Mehr dazu, wie gesagt, im Netz

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Als wir eine Bank erreichen, möchte P. plötzlich doch ein Foto von seinem Hund machen. „Vielleicht gefällt es ihm ja, wenn er gezeigt wird“, sagt er und platziert Manolo auf der Bank.

„Konsequenz ist das A und O in der Hundeerziehung“, sage ich spöttisch.

„Hunde- und Hündinnenerziehung!“, sagt P. und grinst.

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Zurück zur angestrebten „Kürze“: Ein Straßenname: Bracken. Eine Düssel-Brücke. Ein „Privatweg“-Schild. Ein „Knusperhäuschen“ mit Holz-Fensterläden. Und eine „Achtung, süße Katze!“-Warnung.  Die Düssel: Kaum zu sehen, von „Grün“ verdeckt.

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Dann noch ein „Knusperhäuschen“, mit schönen Blumen davor. Und schließlich die „Sensation“ der heutigen Etappe: Ein Selbstbedienungs-Verkaufsstand mit abenteuerlichem Produktmix. Senf-Manufaktur vs. Open-Air-Antiquariat.

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Neben Gläsern mit „Düsselsenf“, Konfitüren und Gelees zu je 3 Euro stehen gebrauchte Bücher zum Verkauf. Von eher neueren wie Elizabeth Georges Krimi „Gott schütze dieses Haus“ und das „Das Saumagen-Syndrom“ bis hin zu Unterhaltungsromanen aus den 1920ern mit Titeln wie „Lilos letzte Rolle“, „Regina fährt nach Kopenhagen“ und „Bräutigam im Labyrinth“.

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P. lässt sich zu philosophischen Gedankenverirrungen inspirieren: „Ist das nicht krass“, sagt er. „Diese vollkommen unterschiedlichen Bücher stehen mit hundertprozentiger Sicherheit nirgendwo anders auf der Welt in dieser Kombination in einem Regal.“

„Zumindest werden sie nicht gemeinsam mit Senf verkauft“, sage ich.

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An einer Wegbiegung: die nächste und für heute letzte Düssel-Brücke, diesmal mit Wasserblick. Vor einem Fachwerkhaus fotografiert P. noch ein Schild mit „Bracken“-Historie, dann machen wir uns auf den Rückweg, bergauf, einen Weg namens „Ehlenbeck“ entlang – und können dabei noch die Kletter-Arbeiten an einem Stromkabel beobachten.

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Kurz vor Schluss zwei kurze Begegnungen: Einmal treffen wir an einer Esel-Wiese keine Esel an. Und dann fotografiert mein bester Freund P. in einem Papierkorb vor einer Bank neben einer „Wanderhütte“ noch eine Flasche Puschkin Pink Grapefruit.

„Richtig eklig sieht die aus“, sagt P. und vermutet, dass der Inhalt ebenso schmecke, und mehr ist eigentlich gar nicht mehr zu sagen. Außer: Natürlich kommen wir am Ende genau an der Gabelung an, wie es Klugscheißer und Google Maps-Sklave P. es zu Beginn der Etappe prophezeit hat …

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