Wuppertal Schöller

(#50) Schiefer in Schöller

in Bergisches Land/Natur/Wuppertal

Wie wir in Wuppertal-Schöller ohne Sammeltaxi das Ziel erreichen / Wie wir durch ein Tal mit hoher Wikipediaeintragdichte spazieren / Und wie am sonnenbeschienenen Düssel-Grund Schluss ist.

Wanderparkplatz Wuppertal-Schöller, oberhalb des Ritterguts. Es geht am selben Ort los wie beim vorigen Mal, aber die Richtung ist eine andere: Düssel-aufwärts. Mehr oder weniger, denn direkt am Ufer unseres Flüsschens ist kein Durchkommen. Also: Erst mal durch den Ort Schöller – natürlich über den Schöllerweg.

Mein bester Freund P. hat sich vorgenommen, fortan das mit „C“ beginnende Wort zu boykottieren, das im April 2020 jeder von uns zehn bis hundert Mal am Tag sagt. Stattdessen sagt er zunächst „Fachwerk“, und dann sagt er „Schiefer“.
„Schiefer in Schöller“, entgegne ich.
Samba in Mettmann“, sagt er.
„Mehr Fachwerk als Schiefer“, sage ich.
„Egal“, sagt P., „nimm das trotzdem als Titel für die heutige Etappe.“

50 Schöllerwegmeter weiter. „Wo ist die Düssel?“, fragt P. und zeigt mit dem Arm die Antwort – Richtung Tal zeigend. Zwischen dem etwa 150 Meter entfernten Flussbett und uns befinden sich diverse Wohngebäude und ein Bolzplatz und Parkplätze und Garagen, und als wir versuchen, uns über eine Stichstraße dem „Düsseltal“ zu nähern, enden wir in einer Sackgasse.

Weiter durchs Dorf also. Ein Friedhof, der obligatorische Wanderweg-Hinweis – und dann schließlich, ab dem Ortsende ein mehr oder weniger freier „Tal-Blick“: die von Bäumen bestandene Düssel, wie sie sich durch eine Wiese schlängelt. Dazu knallblauer Himmel. Schön.

Wir müssen die Fahrbahn überqueren, spazieren nun über den am Hang verlaufenden Weg rechts der Dorfstraße.

Kurze Nebenbei-Recherche: Dank Dr. Google finden wir heraus, was es mit der Abkürzung AST auf sich hat, die uns von einem Schild entgegen springt. Zitat:

Auf Anruf, Sammeltaxi. In Gebieten, wo die Nachfrage nach Bussen schwankt, bieten wir Ihnen auf telefonische Anfrage ein Shuttlebussystem an – das AnrufSammelTaxi, kurz AST. Circa zwanzig Minuten nach Ihrem Anruf startet der Bus seine Runde und Sie kommen einfacher dorthin, wo Sie hin wollen.

Wir, ein vierbeiniges Sammeltaxi, „fahren“ weiter, an zwei weiteren Fachwerkhäusern vorbei. Niederfurth nennt sich dieser Ortsteil, und wie erwartet hat dieser Name einen „Düssel-Hintergrund“, leitet sich – wie Wikipedia uns verrät – von einer Furt über die Düssel ab. Passt, den nun schlängelt sich die Düssel ja auch wieder in unserer Nähe bzw. in der Nähe der Straße.

Kurz vor einer Straßenkurve könnten wir sie über eine schmale Fußgängerbrücke überqueren – hin zu einer Ansammlung von Häusern. „Am Höfchen“ nennt sich diese Ecke, und sie hat ebenfalls einen eigenen Wikipedia-Eintrag.

Derweil driftet P. in alberne Gedanken ab: „Stell dir mal vor, es wird ein neues Neubaugebiet gebaut, und man nennt das dann Wikipedia – bekommt dieses Neubaugebiet dann einen eigenen Wikipedia-Eintrag?“ Ich schaue ihn stirnrunzelnd an, empfehle zur Abkühlung ein Bad in der Düssel. P. lehnt ab, spinnt den Gedanken weiter: „Und was wäre, wenn ich meinem Kind zwei Vornamen geben möchte, Wiki und Pedia – wäre das erlaubt?“
„Die kleine Wiki-Pedia Müller-Schulze“, sage ich. „Klingt doch toll.“
„Wir versuchen einen Bogen zu gehen, und dann nehmen wir die Brücke auf dem Rückweg mit“, schlägt mein themenabwürgender Freund P. unvermittelt vor, und so folgen wir zunächst weiter dem Gehweg, der nun wieder direkt am Straßenrand des Schöllerwegs verläuft.

An der T-Kreuzung, wo der Schöllerweg auf eine Straße namens Hahnenfurth trifft, biegen wir links ab. Einmal kurz unsere Flüsschen besuchen, dass die Straße hier laut Google Maps unterquert – und dann zurück. Hahnenfurth ist zugleich der Name des Ortes, der erst etwas weiter oben beginnt, wenn man der Straße namens Hahnfurth weiter Richtung Hahnenfurth folgt, und dass dieser Ort auch einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat, muss man eigentlich nicht erwähnen.

Uns interessiert summa summarum sowieso nur die Düssel, und die entkommt uns nicht, und P. macht Fotos, und ich plane in Gedanken schon, wo wir die kommende Etappe beginnen, denn direkt am Ufer entlang haben wir hier definitiv keine Chance. Links: eine Art private Wiese. Rechts: eine Art Gewerbegebiet.

„Jetzt haben wir diesen großen Steinbruch, da vorne hinter dem Berg, gar nicht erwähnt“, sage ich. Mein bester Freund P. zuckt die Schultern. Und während wir durch das Dorf Am Höfchen schlendern, entdeckt er., der mal in Düsseldorf-Holthausen gewohnt hat, dass es hinter dem Steinbruch einen zu Wuppertal gehörenden Ort gibt, der ebenfalls Holthausen heißt.

Wir setzen uns auf die Sitzbänke am Rande der Düssel, unweit der erwähnten Fußgängerbrücke, mit Blick auf einen Spielplatz und einen weiteren Bolzplatz. Wir Düssel-Flaneure jedoch schauen aufs Wasser. Es schmatzt und gurgelt. Und als die Sonne den Düssel-Grund in warmes Licht taucht, ist das so schön, dass jetzt auch mal Schluss sein muss mit diesem Text.

P.S: Am nächsten Tag teilt mir mein akribischer Freund P. per Mail mit, dass bei Wikipedia unter „Holthausen“ insgesamt 25 Orte, Stadtteile und Bauernschaften verzeichnet seien. Das sei natürlich nicht wichtig, aber man könne es ja ruhig mal erwähnen …

 

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