Die Podcast-Version der WZ-Kolumne über die „heimliche Königsallee“ – und eine Zeitreise durch die Karolingerstraße der 1920er, 1940er, 1960er, 2000er und 2010er Jahre.
Am 20. Januar 2019 erschien in der Kolumne zu diesem Blog (hier online nachlesen) in der Westdeutschen Zeitung meine „Hommage“ an die Karolingerstraße in Düsseldorf-Bilk. Inzwischen ist diese im Podcast zum Blog außerdem als kostenlose Audio-Version nachzuhören: hier im Browser (siehe unten) oder bei iTunes/Apple Podcasts, bei Spotify, bei Google Podcasts und bei allen anderen Podcatchern.
Als „Bonus“ zur Kolumne folgt eine kleine Reise durch die Geschichte der seit 1907 bestehenden Straße: Wir beginnen sie mit der historischen Originalaufnahme, die auch oben links im Titel zu sehen ist: Ein Blick auf die Ecke zur Karolingerstraße/Planetenstraße. Im Stadtarchiv ist dazu das Jahr 1918 als Foto-Datum verzeichnet. Ich vermute, dass sich hier ein Fehler eingeschlichen hat. Denn im betreffenden Kapitel aus einer Doktorarbeit über Backsteinarchitektur der 1920er Jahre in Düsseldorf ist über die den Block bestimmenden Genossenschaftsbauten zu lesen:
„Karolingerstraße/ Merkurstraße/ Planetenstraße. Die Wohnbauten in den genannten Straßen prägen das Ortsbild von Düsseldorf-Bilk in hohem Maße. Sie gehören gleichzeitig zu den herausragendsten Beispielen gemeinnützigen Wohnungsbaus in Düsseldorf. Sie wurden in den Jahren 1927/28 für den Arbeiterbauverein „Freiheit“ errichtet. (…) An der Ecke zur Karolingerstraße befindet sich ein Ladeneinbau. Die Fassadengestaltung in der Planetenstraße schließt sich der übrigen Gliederung an.“
Somit ist wohl davon auszugehen, dass das Foto nicht 1918, sondern frühestens 1927/1928 entstanden ist, womöglich auch erst in den 1930ern. In dem Eckhaus-Erdgeschoss, wo heute das Geschäft „Schöne Kleider“ residiert, war jedenfalls schon damals ein Ladenlokal untergebracht. Und: Man erkennt auf dem alten Foto klar das charakteristische Düssel-Geländer und die geschwungene Backsteinmauer der Düssel-Brücke.
Die damalige Perspektive des Fotografen konnte ich nur bedingt nachstellen, da inzwischen das gegenüberliegende Düssel-Ufer am Ort der Aufnahme recht dicht mit Sträuchern bewachsen ist. Anbei zwei meiner Aufnahmen aus dem Januar 2019, zumindest der perfekte Monat für solche Vergleichsfotos, bevor die Straße im Frühling grün „explodiert“.
Was auffällt: Die fünf Balkone, die damals noch auf der Fassade Eckhauses Planetenstraße „klebten“, existieren heute nicht mehr. Die zweite Station der Foto-Zeitreise lässt wiederum vermuten, dass eben diese Balkone nach starken Kriegsschäden aus dem Jahr 1941 beim Wiederaufbau „weggelassen“ wurden (Update: Dieser Netzfund, eine Kriegs-Ansicht des Hauses Karolingerstr. 29, scheint das zu bestätigen). Das Foto zeigt die Karolingerstraße, mit Blick Richtung Bachstraße, um das Jahr 1941. Der Fotograf dürfte in der Mitte der Straße auf der Brücke gestanden haben, wo die Düssel in einem Tunnel verschwindet. Nach einem Luftangriff sind weite Teile der linksseitigen Haussfassaden zerstört. Man kann davon ausgehen, dass auch das Haus an der Ecke Planetenstraße von den Bombenschäden betroffen war (im Foto würde es linksseitig anschließen). Zum Vergleich folgt nach dem historischen Foto ein aktuelles:
Hier noch ein interessantes Zitat aus der oben erwähnten Doktorarbeit von Holger Rescher:
Die großen Höfe im Innern der Wohnblöcke sind noch heute als Grünanlage zugänglich und waren in ihrer Entstehungszeit mit
Teppichklopfstangen und Kinderspielplätzen versehen. Die umfangreichen Gemeinschaftsanlagen fanden ebenfalls große Beachtung. Hierzu zählten Fernheizung, Wäscherei, Plätterei, Badeanstalt und ein Kinderhort.
Dazu passt ein weiteres Foto aus dem Stadtarchiv, das die Rückseite der Genossenschaftshäuser von der Henriettenstraße aus im Jahr 1925 zeigen soll (Vergleichsfoto folgt bei Gelegenheit).
Bleiben wir noch kurz in den 1920er Jahren: Im (sehr empfehlenswerten) Buch „Zeitsprünge: Düsseldorf-Bilk“ von Henning Schmidt (momentan nur antiquarisch erhältlich) ist eine historische Postkarte von 1923 abgedruckt, die vom Karolingerplatz aus einen Panoramablick über die Karolingerstraße eröffnet, bis hinweg über Merowinger und Aachener Straße – und mit damals noch winzigen Bäumen.
Nun ein Sprung in die 1960er Jahre: Zu sehen ist der Karolingerstraßen-Block zwischen Brunnen- und Merowingerstraße. Blickrichtung: Karolingerplatz/Brunnenstraße, im Hintergrund der Schornstein der Papierfabrik. Die Fotos müssen aus unterschiedlichen Jahren stammen, da sich die rechts an die Altbau-Wohnhäuser anschließenden Gewerbegebäude unterscheiden. Vermutlich ist das zweite der folgenden beiden Fotos das ältere. Automarkenkenner werden das womöglich anhand der Fahrzeuge genauer einordnen können.
Aus welchem Jahr das nächste Foto stammt? Ist beim Stadtarchiv nicht hinterlegt. In jedem Fall genießen wir hier erneut einen Blick von der Karolingerstraße Richtung Brunnenstraße/Karolingerplatz. Man beachte den (heute noch existenten) Taxistand am rechten Bildrand. Vermutung: Das Foto stammt aus den 1980ern.
Zeitsprung ins Jahr 2004, mit einem Blick aus dem Westen der Karolingerstraße (zwischen Brunnen- und Merowingerstraße) auf die Geländerückfront des Autohauses Becker, damals bereits seit zwei Jahren geschlossen.
Ein ähnliche Ansicht, zehn Jahre später, kurz vor dem Abriss des Geländes. Man erkennt den Spruch des Performance-Künstlers Heiko Beck Kos, der das Viertel in den 2000er Jahren mit seinen Aktionen stark prägte:
Du wirst eben genau das erreichen, woran keiner glaubt!
Mehr Infos und viele weitere Fotos zu seinen Aktionen (auch auf der Karolingerstraße) finden sich auf der Seite diesistkeineuebung.de (Unterpunkt: Aktion). Ein lesenswerten Artikel ist auf Welt Online nachzulesen. Nicht zu vergessen das Ladenlokal an der einen halben Block entfernten Brunnestraße 22, wo der Spruch heute noch bzw. wieder im Schaufenster zu sehen ist (siehe Foto weiter unten).
In meinem eigenen Foto-Fundus habe ich auch noch ein Foto des Street Art-Spruches gefunden, leider in sehr kleiner Auflösung, da mit damals noch schlechter Handy-Kamera geschossen (ca. 2010).
Zum Abschluss noch eine ganze Reihe von Fotos, die ich seit 2015/2016 rund um die Karolingerstraße gemacht und auf meinem Instagram-Account veröffentlicht habe.
Sehr interessanter Beitrag wieder und toll die alten Vergleichsfotos!
Bezüglich der beiden Schwarzweißfotos weiter oben – Blickrichtung Karolingerplatz, Fotos aus den 1960ern – habe ich eben nachgelesen: Auto Becker ist dort 1961 eingezogen (Zustand des 1. Fotos), also dürfte das 2. Foto aus der Zeit davor sein, als die Papierfabrik noch dort war.
Vielen Dank Marita, auch für die interessante Ergänzung! 🙂